Gesetzeslücke: Schenkungsteuer sparen mittels der KGaA

Da das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht grundsätzlich keine - bzw. zu geringe - Steuerfreibeträge für privates Immobilien- und Wertpapiervermögen vorsieht, sind steueroptimierende Gestaltungen nach wie vor gefragt. In der Vergangenheit wurden vermehrt Steuergestaltungsmodelle diskutiert, die die Gründung einer Gesellschaft in der Rechtsform der KGaA zur steuerbegünstigten Vermögensübertragung vorsahen.

Vor dem Finanzgericht Hamburg ist nun im Juli 2023 eine Entscheidung ergangen, die die Gründung dieser Rechtsform zur Steueroptimierung mittels einer disquotalen Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) weiterhin attraktiv hält. Mit Urteil vom 11. Juli 2023 hat der 3. Senat des Finanzgerichts Hamburg (3 K 188/21) entschieden, dass die disquotale Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) kein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang ist. Nach Ansicht der Hamburger Finanzrichter ermöglicht eine Gesetzeslücke im Schenkungsteuerrecht diese steuerfreie Wertverschiebung.

Sachverhalt
Bei dem dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt gründete ein Vater durch notarielle Urkunde mit seinem Sohn eine KGaA. Das Grundkapital der Gesellschaft betrug 50.000 €, eingeteilt in 50.000 auf den Namen lautende Stückaktien, welche der Vater vollständig übernahm. Der Sohn verpflichtete sich als persönlich haftender Gesellschafter eine nicht auf das Grundkapital zu leistende Vermögenseinlage in Höhe von 450.000 € in bar zu erbringen. Dieser Einlageverpflichtung kam der Sohn nach. Gegenstand der KGaA war nach deren Satzung die Verwaltung eigenen Vermögens, der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Beteiligungen sowie die Übernahme der persönlichen Haftung und die Geschäftsführung bei Handelsgesellschaften. Ausgenommen waren erlaubnispflichtige Geschäfte.

Knapp 5 Wochen nach der Gründung der KgaA schloss der Vater mit dieser einen Einlagevertrag ab. In der Präambel des Vertrages heißt es, der Kommanditaktionär, also der Vater, beabsichtige den Zweck der Gesellschaft durch Übertragung zusätzlicher Investitionsmittel auf die Gesellschaft zu fördern. In dem Vertrag verpflichtete sich der Vater, einen Betrag in Höhe von mehreren Millionen Euro in die Gesellschaft einzulegen. In der Handelsbilanz der Gesellschaft sollte der dem Wert der Einlage entsprechende Betrag in die ungebundene Kapitalrücklage (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs -HGB-) der Gesellschaft eingestellt werden. Der Vater zeigte dem Finanzamt den vorstehenden Vorgang an. Dabei führte er aus, die Förderung des Gesellschaftszwecks einer Kapitalgesellschaft durch ihren Gesellschafter stelle nach der Rechtsprechung des BFH keine freigebige Zuwendung dar, entsprechend liege kein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vor. Auch zu Gunsten der Gesellschafter liege kein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vor, sodass die Mitteilung nur höchstvorsorglich und nachrichtlich erfolge.

In der Auseinandersetzung mit dem Finanzamt vertrat der Vater die Ansicht, dass kein nach § 7 Abs. 8 ErbStG steuerbarer Vorgang vorläge. Der Wortlaut der Vorschrift setze "die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft voraus". Auch wenn unbestritten sei, dass es sich bei einer KGaA um eine Kapitalgesellschaft handele, sei ein persönlich haftender Gesellschafter nicht derart an der KGaA beteiligt, dass er "einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft" halte, dessen Wert sich mit der Einlage erhöht haben könne. "Anteil an einer Kapitalgesellschaft" sei in diesem Sinne nur eine Beteiligung am Grundkapital der Gesellschaft, an der es beim persönlichen Gesellschafter der KGaA fehle. Hiervon gehe auch der BFH in seinem Beschluss vom 27. April 2005 (II B 76/04) aus.

Begründung
Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt. Diese Voraussetzungen sah das Gericht in dem zu entscheidenden Fall als nicht erfüllt an. D.h. die in Hamburg abgeurteilte Gestaltung stellt keine Werterhöhung von Anteilen dar, für welche Schenkungsteuer anfällt.

Ergebnis
Im Ergebnis richtet sich die gewählte Gestaltung nur an risikofreudige Mandanten. Die Hamburger Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig und könnte vom Bundesfinanzgerichtshof wieder gekippt werden. Sollte die Entscheidung allerdings halten z.B. unter Hinweis auf die vorherige Entscheidung des BFH aus dem Jahr 2005 zur Thematik, müsste der Gesetzgeber kurzfristig die Gesetzeslücke schließen, um eine Gestaltungsvariante zur Vermeidung von Schenkungssteuer bei der Unternehmensnachfolge zu vermeiden.

Autoren: Lothar Franzkowiak (Präsident des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt a.D.) und Fabian Tietz, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht